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Die Entstehung der Arten (1884) von Charles Darwin. Erstes Kapitel. Abänderung im Zustande der Domestikation. Ursachen der Veränderlichkeit. Wenn wir die Individuen einer Varietät oder Untervarietät unserer älteren Kulturpflanzen und Tiere vergleichen, so muss uns vor allem auffallen, dass sie im allgemeinen mehr voneinander abweichen als die Individuen irgend einer Art oder Varietät im Naturzustande. Erwägen wir nun die ungeheure Verschiedenartigkeit der Pflanzen und Tiere, welche kultiviert und domestiziert worden sind, und welche zu allen Zeiten unter den verschiedensten Klimaten und Behandlungsweisen abgeändert haben, so werden wir zu dem Schlusse gedrängt, dass diese grosse Veränderlichkeit unserer Kulturzeugnisse die Wirkung davon ist, dass die Lebensbedingungen minder einförmig und von denen der natürlichen Stammarten etwas abweichend gewesen sind. Auch hat Andrew Knights Meinung, dass diese Veränderlichkeit zum Teil mit Überfluss an Nahrung zusammenhänge, einige Wahrscheinlichkeit für sich. Es scheint ferner klar zu sein, dass neue Lebensbedingungen einige Generationen hindurch auf die Lebewesen einwirken müssen, um ein merkliches Mass von Veränderung an ihnen zu bewirken, und dass, wemnn ihre Organisation einmal abzuändern begonnen hat, sie gewöhnlich durch viele Generationen abzuändern fortfährt. Kein Fall ist bekannt, in dem ein veränderlicher Organismus im Kulturzustande aufgehört hätte zu variieren. Unsere ältesten Kulturpflanzen, der Weizen z. B., geben immer neue Varietäten, und unsere ältesten Haustiere sind noch immer rascher Umänderung und Veredlung fähig. Soviel ich nach langer Beschäftigung mit dem Gegenstande zu beurteilen vermag, scheinen die Lebensbedingungen auf zweierlei Weise zu wirken: direkt auf den ganzen Organismus oder nur auf gewisse Teile, und indirekt durch Beeinflussung der Reproduktionsorgane. In bezug auf die direkte Einwirkung müssen wir im Auge behalten, dass in jedem Falle, wie Professor Weismann vor kurzem betont hat, und wie ich in meinem Buche: "Das Variieren im Zustande der Domestikation" gelegentlich gezeigt habe, zwei Faktoren tätig sind: nämlich die Natur des Organismus und die Natur der Bedingungen. Das erstere scheint bei weitem das Wichtigere zu sein. Denn nahezu ähnliche Variationen entstehen zuweilen, soviel sich urteilen lässt, unter unähnlichen Bedingungen; und auf der anderen Seite treten unähnliche Abänderungen unter Bedingungen auf, welche nahezu gleichförmig zu sein scheinen. Die Wirkungen auf die Nachkommen sind entweder bestimmte oder unbestimmte. Sie können als bestimmte angesehen werden, wenn alle oder beinahe alle Nachkommen von Individuen, welche währen mehrerer Generationen gewissen Bedingungen ausgesetzt gewesen sind, in derselben Weise modifiziert werden. Es ist ausserordentlich schwierig, zu irgend einem Schlusse zu gelangen in bezug auf die Ausdehnung der Veränderungen, welche in dieser Weise bestimmt herbeigeführt worden sind. Kaum ein Zweifel kann dagegen über viele unbedeutende Abänderungen bestehen: wie Grösse infolge der Menge der Nahrung, Farbe infolge der Art der Nahrung, Dicke der Haut und des Haares infolge des Klimas usw. Jede der endlosen Varietäten, welche wir im Gefieder unserer Hühner sehen, muss ihre bewirkende Ursache gehabt haben; und wenn eine und dieselbe Ursache gleichmässig eine lange Reihe von Generationen hindurch auf viele Individuen einwirken würde, so würden auch wahrscheinlich alle in derselben Art modifiziert werden. Tatsachen wie die komplizierten und ausserordentlichen Auswüchse, welche unveränderlich der Einimpfung eines minutiösen Tröpfchens gift von einem Gall-Insekt folgen, zeigen uns, was für eigentümliche Modifikationen bei Pflanzen aus einer chemischen Änderung in der Beschaffenheit des Saftes resultieren können. Unbestimmte Variabilität ist ein viel häufigeres Resultat veränderter Bedingungen als bestimmte Variabilität und hat wahrscheinlich bei der bildung unserer Kulturrassen eine bedeutungsvollere Rolle gespielt. Wir findenunbestimmte Variabilität in den endlosen unbedeutenden Eigentümlichkeiten, welche die Individuen einer und derselben Art unterscheiden, und welche nicht durch Verebung von einer der beiden elterlichen Formen oder von irgend einem entfernteren Vorfahren erklärt werden können. Selbst scharf ausgeprägte Verschiedenheiten treten gelegentlich unter den Jungen einer und derselben Brut auf und bei Sämlingen aus derselben Frucht. In langen Zeiträumen erscheinen unter Millionen von Individuen, welche in demselben Lande erzogen und mit beinahe gleichem Futter ernährt wurden, so stark ausgesprochene Strukturabweichungen, dass sie Monstrositäten genannt zu werden verdienen; Mostrositäten können aber durch keine bestimmte Trennungslinie von geringeren Abweichungen geschieden werden. Alle derartigen Strukturveränderungen, welche unter vielen zusammenlebenden Individuen erscheinen, mögen sie nun äusserst unbedeutend oder scharf markiert sein, können als die unbestimmten Einwirkungen der Lebensbedingungen auf einen jeden individuellen Organismus angesehen werden, in beinahe derselben Weise, wie eine Erkältung verschiedene Menschen nicht in einer bestimmten Weise affiziert, indem sie je nach dem Zustande ihres Körpers oder ihrer Konstitution Husten oder Schnupfen, Rheumatismus oder Entzündung verschiedener Organe verursacht. In bezug auf das, was ich indirekte Wirkung veränderter Bedingungen genannt habe, nämlich Abänderungen durch Affektion des Fortpflanzungssystems, können wir schliessen, dass hierbei die variabilität zum Teil Folge der grossen Empfindlichkeit dieses Systems gegen jede Veränderung der Bedingungen ist; zum anderen Teil wird sie hervorgerufen durch die Ähnlichkeit zwischen der Variabilität, die auf einer Kreuzung verschiedener Arten beruht, und jener variabilität, die bei allen unter neuen und unnatürlichen Bedingungen aufgezogenen Pflanzen und Tieren beobachtet wird. Viele Tatsachen beweisen deutlich, wie ausserordentlich empfänglich das Reproduktivsystem für sehr geringe Veränderungen in den umgebenden Bedingungen ist. Nichts ist leichter, als ein Tier zu zähmen, und wenige Dinge sind schwieriger, als es in der Gefangenschaft zu einer freiwilligen Fortpflanzung zu bringen, selbst wenn die Männchen und Weibchen bis zur Paarung kommen. Wie viele Tiere gibt es, die nicht zur Fortpflanzung schreiten, obwohl sie fast frei gehalten werden, und noch dazu in ihrem Heimatlande. Man schreibt dies gewöhnlich, aber irrtümlich, einem entarteten Instinkte zu. Viele Kulturpflanzen gedeihen in der äussersten Kraftfülle und setzen doch nur sehr selten oder auch nie Samen an! In einigen wenigen solchen Fällen hat man entdeckt, dass eine ganz unbedeutende Veränderung, etwas mehr oder weniger Wasser zu einer gewissen Zeit des Wachstums, für oder gegen die Samenbildung entscheiden wird. Ich kann hier nicht auf die zahlreichen Einzelheiten eingehen, die ich über diese merkwürdige Frage gesammelt und an einem andere Orte veröffentlicht habe; um aber zu zeigen, welch eigentümlichen Gesetzen die Fortpflanzung der Tiere in Gefangenschaft folgt, will ich erwähnen, dass Raubtiere selbst aus den Tropengegenden sich bei uns auch in Gefangenschaft ziemlich gern fortpflanzen, mit Ausnahme jedoch der Sohlengänger oder der Familie der bärenartigen Säugetiere, welche nur selten Junge erzeugen; dagegen legen fleischfressende Vögel nur in den seltensten Fällen oder fast niemals fruchtbare Eier. Viele ausländische Pflanzen haben ganz wertlosen Pollen, genau so wie die unfruchtbarsten Bastardpflanzen. Wenn wir einerseits Haustiere und Kulturpflanzen, oft selbst in schwachem und krankem Zustande, sich in der Gefangenschaft ganz ordentlich fortpflanzen sehen, währen andererseits jung eingefangene Individuen, vollkommen gezähmt, langlebig und kräftig (wovon ich selbst viele Beispiele anführen kann), aber in ihrem Reproduktivsystem infolge nicht erkennbarer Ursachen so tief affiziert erscheinen, dass es nicht fungiert, so brauchen wir uns nicht darüber zu wundern, dass dieses System, wenn es in der Gefangenschaft dennoch in Tätigkeit tritt, dann in nicht ganz regelmässiger Weise fungiert und eine Nachkommenschaft erzeugt, die von den Eltern etwas verschieden ist. Ich will noch hinzufügen, dass, wie einige Organismen (z.B. die in Kästen gehaltenen Kaninchen und Frettchen) sich unter den unnatürlichsten Verhältnissen fortpflanzen, was nur beweist, dass ihre Reproduktionsorgane nicht affiziert sind, so auch einige Tiere und Pflanzen der Domestikation oder Kultur widerstehen und nur sehr wenig variieren, vielleicht kaum stärker als im Naturzustande.